[Gastbeitrag] Gutenbergs Erfindungen – Teil 2: Handgießinstrument
In unserer Reihe stellt Gastautorin Dr. Julia Bangert von der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft in Mainz e.V. nach und nach die Erfindungen von Johannes Gutenberg vor. Der zweite Teil behandelt das Handgießinstrument.

© Header: Markus Kohz
Das Handgießinstrument ist das Herzstück von Johannes Gutenbergs Erfindung und der einzige Teil des Druckprozesses, für den er auf kein vorhandenes Vorbild zurückgreifen konnte. Es besteht aus einer zweiteiligen rechteckigen Hohlform aus Metall mit einem Kanal zum Einfüllen der flüssigen Metalllegierung. Umgeben ist die Form von einer Holzfassung, um das Instrument beim Eingießen der heißen Metalllegierung in der Hand halten zu können. Die Matrize wird am unteren Ende des Gießkanals eingespannt und mit einer metallenen Feder fixiert. Je nach Buchstabengröße und -breite kann die Matrize justiert werden. Nun ist alles fertig für den Guss der Letter.
Die Legierung
Die Zusammensetzung von Gutenbergs Originallegierung kennen wir nicht, sie kann aber durch spätere Beschreibungen rekonstruiert werden. Sie bestand zu einem großen Teil aus Blei, dem Zinn und Antimon sowie in sehr geringer Menge Kupfer und Eisen beigemischt wurden. Diese Mischung hat den Vorteil, dass sie unmittelbar nach dem Einfüllen in das Handgießinstrument fest und kalt wird und die gegossene Letter direkt entnommen werden kann. So war man in der Lage, sehr schnell hintereinander viele identische Lettern herzustellen.
Der Angusszapfen beim Handgießinstrument
Entnimmt man die Letter aus dem Handgießinstrument, hat sie am oberen Ende noch einen sogenannten Angusszapfen aus überschüssigem Metall. Dieser Teil wird an der dafür vorgesehenen „Sollbruchstelle“ abgeschlagen. Anschließend wird die Letter sorgfältig auf die richtige Höhe geschliffen, damit alle Lettern am Ende gleich hoch sind. Das ist wichtig, um einen gleichmäßig gedruckten Text zu erhalten. Denn ist eine Letter im Verhältnis zu den anderen zu hoch, drückt sie zu fest in das Papier, ist sie zu niedrig, druckt sich ihr Buchstabe nicht richtig ab. Mehr über die Lettern und ihre Aufbewahrung im Setzkasten erfahren Sie in Teil 3 unserer Reihe „Gutenbergs Erfindungen“.
Der Schrifftgiesser (Holzschnitt; in: Ständebuch, 1568)
Über die Autorin:
Julia Bangert ist promovierte Buchwissenschaftlerin und Künstlerin. 2019 erschien ihre Dissertation unter dem Titel „Buchhandelssystem und Wissensraum in der Frühen Neuzeit“. Neben ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft in Mainz e.V. arbeitet sie als Buchmalerin und Illustratorin. Feinste Farbgebung und ein eleganter Pinselschwung sind ihr Markenzeichen, eine perfekte Blattvergoldung ist ihre Leidenschaft.