„Wir verkaufen keine Technik, sondern Emotionen“ – Willkommen im Museum für Druckkunst Leipzig
Im Museum für Druckkunst in Leipzig können Besucher dank einer produzierenden Werkstatt und erlebnisreichen Ausstellungen die Geschichte der Druckindustrie hautnah erleben. Bald wird das Museum sogar selbst zum Exponat, denn es wird einen eigenen Stand auf der drupa 2020 haben. Mehr Details verrät Direktorin Susanne Richter im Interview.

Titelbild: © Klaus-D. Sonntag
Ein Museum zum Anfassen und Mitmachen? Das gibt’s in Leipzig! Im Museum für Druckkunst finden sich nicht nur Exponate, die Druckgeschichte geschrieben haben, hier lässt sich die Welt des Druckens hautnah erleben, denn es handelt sich nicht um ein klassisches Museum, in dem sich die alten Maschinen nur bestaunen lassen. Durch die Kombination einer produzierenden Werkstatt und erlebnisreichen Ausstellungen führen die Maschinen und Pressen den Besuchern ihr Können dank der Museumstechniker live vor. So sind sie nicht bloß stumme Zeugen ihrer Zeit, sondern erwecken das Museum zum Leben.
Wir waren neugierig und wollten mehr darüber erfahren, wieso es für Museen so wichtig ist, zeitgemäße, interaktive Angebote zu schaffen und wie sich auch die Druckbranche im digitalen Zeitalter behaupten kann. Susanne Richter, Direktorin des Museums, hat sich unseren Fragen gestellt und verraten, wie und wo das Museum selbst zum Exponat wird.
„Alle Drucktechniken leben weiter“
drupa: Auf Ihrer Website schreiben Sie zu Recht, dass „gedruckte Text- und Bildmedien […] seit mehr als 500 Jahren Teil der europäischen Kultur und Wissensgesellschaft“ sind. Wie bleiben diese Medien auch in Zeiten zunehmender Digitalisierung in Zukunft weiterhin relevant?
Richter: Gedruckte Medien bleiben relevant, wenn sie emotional aufgeladen werden, z. B. allein durch das Anfassen und durch die Haptik des Papiers, gepaart mit guter Gestaltung. Und der Inhalt muss natürlich auch relevant sein, für den Leser einen Nutzen haben, ihn fesseln und mit dem Medium eng verbunden sein.
drupa: Das Museum für Druckkunst feiert in diesem Jahr seinen 25. Geburtstag: Wie hat sich die Branche seitdem verändert?
Richter: Ich habe vor meiner Zeit hier im Museum sieben Jahre in der Druckindustrie gearbeitet. Schon damals, kurz nach dem Jahr 2000, schrumpfte die Branche, viele Betriebe konnten sich nicht mehr am Markt behaupten, der Preiskampf wurde größer. Dieser Trend besteht bis heute leider weiter, aber auch die Technikverliebtheit der Branche. Die Endprodukte und deren Nutzen für den Kunden und dessen Endkunden stehen bis heute nicht ganz oben auf der Agenda der Branche. Wir verkaufen doch nicht nur Technik, sondern in großem Maße stattdessen Emotionen, die durch Printmedien geweckt oder verstärkt werden können. Mehr Wissen und Verständnis für Werbung und Marketing in digitalen Zeiten wären wichtig, nicht nur die technischen Innovationen und die schnelle Umrüstung von Maschinen von einem Auftrag zum nächsten.

Susanne Richter, Direktorin des Museums für Druckkunst
drupa: Gemeinsam mit dem Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler haben Sie es geschafft, die handwerklichen wie künstlerischen Drucktechniken als immaterielles Kulturerbe eintragen zu lassen: Welche Bedeutung haben diese heute noch und wie haben sie im Laufe ihrer Geschichte die Branche beeinflusst?
Richter: Alle historischen Drucktechniken, ob Hoch-, Tief- oder Flachdruck, gibt es in Weiterentwicklungen ja bis heute, sogar alle gemeinsam, z. B. auf Banknoten. In handwerklicher Form arbeiten fast nur noch Künstlerinnen und Künstler damit, schaffen damit aber neue, zeitgenössische Ausdrucksformen oder mischen Alt und Neu. Die Drucktechniken leben also alle weiter, nur nicht unbedingt in industrieller Form. Aber auch in der Industrie gibt es wieder einige Unternehmen, die einen Heidelberger Tiegel nicht nur zum Stanzen und Rillen nutzen, sondern auch für Prägungen aller Art, die von den Kunden und Gestaltern vermehrt nachgefragt werden.
Ein kleines Museum auf Zeit zur #drupa2020
drupa: Normalerweise bieten Sie spannenden Exponaten aus der Welt des Drucks in Ihren Räumlichkeiten eine Plattform. Auf der drupa wird das Museum quasi selbst zum Ausstellungsstück – wieso haben Sie sich entschieden, sich dort zu präsentieren und worauf dürfen sich die Besucher freuen?
Richter: Für das Museum ist es eine große Herausforderung, ein kleines Museum auf Zeit in Düsseldorf zur drupa zu etablieren. Wir sehen uns ein wenig als „Gewissen“ der Branche, denn nur wenn man weiß, wo man herkommt, kann man auch planen, wo es in Zukunft hingehen kann. Unterstützung auf der drupa bekommen wir von Koenig & Bauer, die uns für die Zeit der Messe eine historische Druckmaschine zur Verfügung stellen. Unsere Mitarbeiter werden ein Plakat drucken, das wir im Hochdruck „veredeln“. So entsteht ein „Coolness-Faktor“ rund um Printmedien, denn man kann genau sehen, wie der Druck vor sich geht und hat einen für heutige Ohren ungewöhnlichen Sound gleich mit dabei. Aber das Produkt ist zeitgenössisch, nicht historisch. Wir wollen zeigen, dass man mit alten Maschinen etwas Besonderes produzieren kann. Außerdem ist eine Linotype-Setzmaschine mit auf der drupa, ein Wunderwerk der Technik, eine Zeilensetz- und Gießmaschine, die früher für den Zeitungsdruck eingesetzt wurde. Weiter zeigen wir eine Kniehebelpresse und haben kleine Handtiegelpressen dabei, an denen die Besucher selber drucken dürfen. Außerdem präsentieren wir unsere eigenen Museumsshop-Produkte.
drupa: Mit dem Museum für Druckkunst ermöglichen Sie es Ihren Besuchern, über 500 Jahre Druckgeschichte hautnah zu erleben: Wie ist es für Sie, auf der drupa die Zukunft des Drucks zu erleben?
Richter: Ich staune immer wieder über die hohe Innovationskraft der Branche und die vielen neuen Bereiche, die alle vier Jahre dazukommen. Diese haben im ersten Moment für mich nicht sofort mit Drucktechnik zu tun, ich denke da an den 3D-Druck oder „printed electronics“, aber auch an den Digitaldruck, der ganz neue Möglichkeiten auf den Markt gebracht hat.
drupa: Das Museum für Druckkunst bietet seit 25 Jahren nicht nur an, in die Geschichte der Druckbranche einzutauchen, sondern ist – ähnlich wie die drupa – auch ein Ort der Begegnung: Wie wichtig ist persönlicher Austausch im digitalen Zeitalter noch?
Richter: Der persönliche Austausch und der Dialog werden immer wichtiger, wenn wir schon dauernd mit Bildschirmen kommunizieren, dann wird das Gespräch „face to face“ doch immer wertvoller. Das gilt auch für ein Kundengespräch. Wir sind und bleiben alle Menschen und ich mache doch lieber Geschäfte mit jemandem, bei dem ich spüre, dass er sich für meine Sache interessiert und mich dabei unterstützt.
Nach den spannenden Infos könnt ihr es kaum erwarten, das Museum für Druckkunst Leipzig noch besser kennenzulernen? Dann freut euch schon mal auf die drupa 2020! Denn bei uns könnt ihr dann „ein kleines Museum auf Zeit“ an einem Stand bestaunen.
Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie neugierig seid ihr auf die Mini-Ausgabe des Museums für Druckkunst Leipzig auf der drupa 2020? Welche anderen Stände stehen schon auf eurer Besuchsliste? Verratet es uns in den Kommentaren!